VOM SCHUHKARTONGESCHENK INS BRENNPUNKTGEBIET
Eine Weißrussin hilft Kindern in Mecklenburg-Vorpommern

18. JANUAR 2022  |  DEUTSCHLAND

„Geht bloß nicht auf den Dreesch!“, hatte man Kseniya und ihrem Mann Christiaan mehrfach geraten, als das Missionarsehepaar in Schwerin nach einem Ort suchte, wo sie hinziehen konnten. Der Dreesch war eine Plattenbausiedlung, die nach der Wende zum sozialen Brennpunkt in der Hauptstadt Mecklenburg-Vorpommerns wurde. Arbeitslosigkeit und Kinderarmut sind nur zwei der Herausforderungen, die den Stadtteil zu einem Ort machen, den manche Menschen meiden. Doch nicht Kseniya und ihr Mann. „Wenn alle sagen: ‚Geht nicht dahin!‘, dann sollten wir auf jeden Fall hingehen“, erzählt Kseniya von ihrer Entscheidung vor zwölf Jahren, Menschen an diesem Ort die Botschaft von einem liebenden Gott zu bringen.

„Gott hat ein Herz für kaputte Menschen“,

fasst sie zusammen, warum sie – eine Weißrussin und ihr niederländischer Mann – dieses Leben gewählt haben. Und ganz entscheidend war dabei ein Schuhkarton.

Mit der Großzügigkeit der Christen fing es an

In Minsk geboren, wuchs Kseniya in den schwierigen Zeiten vor und nach dem Zerfall der Sowjetunion auf. Obwohl Kseniyas Eltern selber nicht zur Kirche gingen, erlaubten sie ihren Töchtern, die nahe gelegene Baptistengemeinde zu besuchen – denn immer wieder gaben die Christen dort Essen oder Kleidung aus, die in jenen Tagen gern angenommen wurden. „Ich hatte nur drei Spielzeuge – und alle waren von meiner älteren Schwester“, erinnert sich die heutige 38-Jährige. 

Vom Schuhkartongeschenk ins Brennpunktgebiet
Vom Schuhkartongeschenk ins Brennpunktgebiet
Vom Schuhkartongeschenk ins Brennpunktgebiet

Doch das ändert sich, als sie ca. 1992 einen Schuhkarton bei einer Weihnachtsfeier in der Gemeinde bekommt. „Der Schuhkarton war sehr, sehr wertvoll“, erzählt sie. Vor allem die Barbie ‒ ihre erste Barbie überhaupt – war das absolute Highlight in ihrem Karton. Aber auch die anderen Geschenke – Schulsachen, Federtasche, Spielzeug – kamen in jenen Tagen wie ein Leuchten in das Leben der Zehnjährigen. „Es war auch ein Brief dabei und ich hab’ zurückgeschrieben, aber leider gab es keine Antwort“, sagt sie fast ein bisschen traurig. 

Vom Schuhkartongeschenk ins Brennpunktgebiet
Vom Schuhkartongeschenk ins Brennpunktgebiet
Vom Schuhkartongeschenk ins Brennpunktgebiet
Vom Schuhkartongeschenk ins Brennpunktgebiet
Vom Schuhkartongeschenk ins Brennpunktgebiet

Doch auch wenn sich keine Brieffreundschaft mit ihrem Päckchenpacker entwickelte – sie fand Freunde in der Baptistengemeinde und begann regelmäßig die Sonntagsschule zu besuchen. Auch wenn sie am Anfang nur kam, um von der Nächstenliebe und Großzügigkeit der Christen zu profitieren – irgendwann machten die Worte der Bibel Sinn und sie begann zu glauben, dass Jesus ihr ein ganz neues Leben schenken konnte. „Mit 16 Jahren ließ ich mich taufen und die Kirchengemeinde ist meine Familie geworden“, sagt sie über die beste Entscheidung ihres Lebens.

Kaputten Seelen helfen

Als sie ein bisschen älter ist, beginnt sie eine Ausbildung als Krankenschwester, doch merkt bald, dass sie sich nicht nur um den Körper, sondern auch um Seelen kümmern möchte. Weil es keine Bibelschule in Weißrussland gibt, die auch Mädchen aufnimmt, beginnt sie ein Bibelstudium in der Ukraine.

Vom Schuhkartongeschenk ins Brennpunktgebiet
Vom Schuhkartongeschenk ins Brennpunktgebiet
2007 ist die Theologiestudentin selber als Ehrenamtliche in einer ukrainischen Kirche aktiv und hilft in der Sonntagschule mit. Auch dort werden Schuhkartons verteilt.

Im Laufe ihres Studiums lernt sie dann Christiaan aus den Niederlanden kennen. Der Theologiestudent hat es ebenfalls auf dem Herzen, den kaputten Seelen der Menschen mit der heilenden Botschaft von Jesus zu erreichen. Gemeinsam ziehen sie – nachdem sie „Brennpunkt“ und „Mecklenburg-Vorpommern“ gegoogelt hatten – 2009 auf den Dreesch und beginnen dort den Menschen zu dienen und für sie da zu sein. Stück für Stück bauen sie Projekte auf: das Patchwork Center mit Café, Werkstatt und Musikangeboten, das Kepler Open Air und viele andere Möglichkeiten, bei denen jeder kommen kann. „Jeder ist willkommen, jeder darf mitmachen und jeder darf Jesus entdecken“, sagt Kseniya.

Am meisten liegen ihr vor allem die Kinder auf dem Herzen. Auch wenn die Kinderarmut hier auf dem Dreesch nicht ganz so schlimm ist wie in Weißrussland – die Vernachlässigung und Hoffnungslosigkeit sind ähnlich. „Bei uns in Deutschland bekommen Familien finanzielle Unterstützung, aber oftmals sind Eltern mit der Situation überfordert“, sagt sie und beschreibt dann die Arbeit, die ihr so wichtig ist. Sie und das Team wollen den Kindern im Stadtteil zeigen, dass jemand ihnen zuhört, für sie da ist und sie ermutigt. Vor allem ist ihr aber wichtig, dass die Eltern dabei mit ins Boot geholt werden. „Wir wollen mit den Eltern arbeiten, damit es zu ganzheitlichen Veränderungen kommt“, sagt sie und man hört, mit wie viel Hingabe sie sich in die Familien investiert.

Vom Schuhkartongeschenk ins Brennpunktgebiet

Kein besserer Ort

Kseniya hat ihren Platz gefunden. Und auch wenn nicht jeder versteht, warum sie einen Stadtteil mit so vielen Herausforderungen einer schicken Neubausiedlung vorzieht, so möchte sie um nichts in der Welt ihr Leben eintauschen. Tag für Tag investieren sich ihre Familie und sie in Menschen, die mehr Sorgen haben, als sie oftmals tragen können. Und sie leben ihnen vor, wie groß Gottes Liebe für die Zerbrochenen und Verlorenen ist, so dass er ihnen in seinem Sohn ganz nahekommt. „Das Wort wurde Mensch und lebte unter uns“, heißt es in Johannes 1,14. Und genau das tun Kseniya und Christiaan. Sie leben dort, wo Jesus vermutlich auch leben würde – weil er derjenige ist, der Heilung für kaputte Seelen bringt.

Und so ist eine Geschichte, wie nur Gott sie schreiben kann: Als Kind erhält Kseniya einen Schuhkarton und kommt durch die Liebe und Großzügigkeit der Christen mit der verändernden Botschaft des Evangeliums in Kontakt. Und jetzt kümmert sie sich Tag für Tag voller Liebe und Großzügigkeit um Kinder in Schwerins Brennpunkt, damit auch sie die Hoffnung auf ein verändertes Leben erleben.

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